09 April, 2020

Revolutionizing

Karl Marx
5. Mai 1818 bis 14. MĂ€rz 1883

Jetzt, in den Ferien, schlafe ich die meisten NĂ€chte so um die 8 bis 10 Stunden.
Jeden Tag und jede Nacht geniesse ich, dass ich keine Verpflichtungen habe.
Ich lasse mir Zeit fĂŒr alles. 
Am Morgen wollte ich mich rasieren, fand aber scheinbar aus einer Laune heraus, ich könne mal wieder meinen Elektrorasierer reinigen.
Da nichts und niemand auf mich wartet, kramte ich in meinem Badezimmer rum, bis ich einen von diesen Pinseln, die mit jedem Rasierer geliefert werden, gefunden hatte.
Ich weiss ehrlich nicht, wann ich das Ding das letzte mal richtig sauber gemacht hab.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, glaub ich so viel verraten zu können: auf meiner  10stelligen GrĂŒselskala immerhin eine gediegende 5,5.

Wie ich da so gedankenverloren vor mich hin putze, spĂŒlen Erinnerungen an den Nachttraum ins  Bewusstsein hoch. Zuerst nur Wortfetzen, dann ganze Wörter und schemenhafte Bilder 

"Rasierer
Putzen 
 Sklavenarbeit
Rasierer 
 Bart
Bart ? 
 ?"
Das PortrÀt eines Mannes mit Vollbart und strubbeligen Haaren zieht vorbei.
Verdammt den kenne ich!!
Bart - strubblige Haare 
 ein 68er ? 
 nein viel Àlter!
Einstein 
. Quatsch 
 hatte Einstein einen Bart ? 
 weiss ich nicht.
Das Bild kommt wieder vorbei, diesmal aus der anderen Richtung
Ne !!! 
 das is nich Einstein.
Der Mann winkt mir zu.
Ach du dicke Scheisse!!
Bilder können nicht winken 
. ! wie viel hab ich gestern eigentlich getrunken??
Weiss nicht mehr.
Jetzt muss ich aber aufhören mit dem Blödsinn 
Ich konzentriere mich wieder auf den Rasierer.
Rasierer 
 Bart
Bart ? 
 ?

 !!!! MARX !!!! 
. Ach Du dicke Scheisse das ist Karl Marx
Ich blicke  erschreckt von meinem Rasierer auf, weil ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnehme.


Ein gedrungener Mann mit Vollbart und Strubbelfrisur steht vor mir in meinem Badezimmer und lÀchelt mich freundlich an.
“Guten Tag” sagt er höflich.
“Tach” antworte ich ihm und “könnten sie bitte” und wedele dabei mit der Hand “etwas Abstand halten 
 das sind nie und nimmer 2m”


Er lacht laut los, hÀlt sich den Bauch vor lachen. Statt Abstand zu halten kommt er nÀher, nimmt mir den Rasierer aus der Hand, legt ihn zur Seite und mir vÀterlich den Arm um die Schultern.
“Sind sie wirklich Karl Marx?” frage ich ermutigt durch die freundliche Umarmung.
“Aber ja” brummt er zufrieden wie ein HonigbĂ€r “Du kannst mich Karl nennen”


“Wieso bist Du in meinem Badezimmer, Karl?”
Er macht eine einladende Geste auf mein WC, wÀhrend er sich selber auf die Waschmaschine setzt. So klappe ich den Klodeckel runter und setze mich.
“Wir könnten auch in die Stube 
” versuche ich vorzuschlagen.
“Badezimmer ist ganz recht 
 ich hab nicht viel Zeit 
 Du weisst, ich bin tot?!”
“Tja 
 Ă€hm allerdings 
”
“Hast Du was zu trinken?” fragt er fast schĂŒchtern.
Ich nicke 
 klar hab ich 
 quetsche mich an Karl auf der Waschmaschine vorbei, hole die Reste von Gestern und zwei saubere GlÀser.
So sitzen wir eine Weile 
. und trinken.
“Mieser Fusel” sagt Karl 
 schnalzt aber genĂŒsslich mit der Zunge.


“Also 
 Karl 
 nochmals, was machst Du hier in meinem Badezimmer?”


Karl nickt, stellt sein Glas weg, kramt umstÀndlich in der Innentasche seines altmodischen Sakkos rum, zieht einen zerknitterten und vollgekrakelten Zettel raus.


Er streicht ihn auf seinem Bein glatt und zeigt drauf.
“Du musst das fĂŒr mich veröffentlichen 
 das ist wichtig”


“Aber wieso ich?" ist das einzige was mir dazu einfĂ€llt, nicht besonders clever die Frage, aber ich gebe zu ich war ein wenig aufgeregt 
 immerhin saß Karl Marx auf meiner Waschmaschine.


“Ich konnte es mir kaum aussuchen 
" 
beantwortete er meine Frage, so halb aber sprach er zu sich selbst:
"Du wurdest mir als “zuverlĂ€ssig und zĂ€h” vorgeschlagen” die Alternative war â€œĂ¶ko, jung, weiblich mit Zöpfchen” 
 irgendein MĂ€del in Schweden 
 keine Ahnung 
 ich dachte Du wĂ€rst der Richtige dafĂŒr 
 aber vielleicht hab ich mich geirrt!?”


“Lies mal vor, jez” ich hatte fast einen Befehlston, denn langsam wurd ich ungeduldig und wollte wissen um was es geht.
Karl nickte 
 setzte sich in Positur und begann laut vor zu lesen:


“Man stelle sich vor, es gĂ€be gar nichts Göttliches ĂŒber uns, keinen Himmel, kein Jenseits.
Eigentlich ist es gar nicht so schwer sich das vorzustellen, denn das alles ist nur erfunden.
Genau so stelle man sich vor, es gĂ€be natĂŒrlich auch die Idee einer Hölle unter uns nicht.
So könnte man sich vorstellen, dass die Menschen begĂ€nnen ausschließlich im Heute zu leben.

Ebenso kann man sich vorstellen, es gĂ€be keine Staaten, dies ist auch einfach, da diese Gebilde ebenso erfunden sind und privaten Interessen dienen.  Wenn es diese dumme Unterteilung in Staaten und ethnische Gruppen nicht gĂ€be, dann entfielen die GrĂŒnde zu töten oder die blödsinnige Hingabe an den Gedanken fĂŒr etwa sterben zu mĂŒssen.

Auch die Religionen sind nur erfundene, sinnlose  Phantasmen die zu Streit und ZerwĂŒrfnis fĂŒhren. Obwohl fast alle Religionen vorgeben dem Frieden zu dienen, wird in ihrem Namen getötet und gestorben. Aber stell Dir vor, alle Menschen könnten ohne sie tatsĂ€chlich in Frieden leben.

Mit dem Eigentum, verhĂ€lt es sich gleich 
 "Privates ist Gestohlenes!" ...das kann sich jeder der in Lohnarbeit ist gut vorstellen. Ohne Eigentum gĂ€be es keine GrĂŒnde fĂŒr Neid oder Hunger, die Menschheit wĂ€re eine Gemeinschaft von BrĂŒdern die sich die Welt teilen.

Dies alles mag sich wie ein Traum anhören, aber dieser Traum wird eines Tages von vielen getrĂ€umt werden. Ich fordere Euch auf Euch uns anzuschließen.”


Karl schaute mit einem wilden, leidenschaftlich Blick vom Papier auf, blickte mich dann ernst an “Wirst Du dafĂŒr sorgen, dass dieser Aufruf an die arbeitende Klasse veröffentlicht wird 
 ich bitte Dich nicht 
 es ist Deine proletarische Pflicht”


“Karl 
 es tut mir wirklich furchtbar leid 
 aber das kann ich nicht machen.”
“WAS 
 WARUM 
 weigerst Du Dich 
 Du Hund, verfluchter!?”


“Karl 
 nun beruhig dich mal 
 es geht einfach nicht.”
Nun legte ich ihm den Arm brĂŒderlich um die Schultern.
“Schau Karl 
 es gibt ein Urheberrecht 
 und das 
 also DAS” ich zeigte auf seinen Zettel “das ist schon lange veröffentlicht 
 von jemand anderem, Karl 
 tut mir echt so leid”


“Von Wem” fauchte Karl entrĂŒstet.
"Von “The Beatles” vor ca. 50 Jahren 
 es ist ein Songtext."


WĂ€hrend Karl etwas kleinlaut meinen Whisky sĂŒffelte, sassen wir dann auf meinem Sofa und hörten ĂŒber Youtube ...

☞ “Imagine” ☜



“Gar nicht ĂŒbel” sagte Karl und schaute durch den Whisky zum Fenster raus.
“Nein nicht der Whisky 
 der ist furchtbar 
 warum sĂ€ufst Du so einen Dreck?
Nein die Musik ist gut 
 wirklich gut die Jungs 
 und echt schicke Frisuren haben sie”


Der Whisky -so frĂŒh am Morgen- machte mich schlĂ€ferig.
Ich legte den Kopf zurĂŒck, schloss die Augen 




 und schreckte hoch 
Oh Jesses 
 schon halb 10 
.
... aber ich hab ja Ferien ...und  nichts und niemand wartet auf mich.
Ich strich mir ums Kinn 
 "... könnte mich eigentlich heut mal rasieren." 
Aus einer Laune heraus, fand ich, ich könne mal wieder meinen Elektrorasierer reinigen, kramte in meinem Badezimmer rum, bis ich einen von diesen Pinseln, die mit jedem Rasierer geliefert werden, gefunden hatte.


“Rasierer” dachte ich, wĂ€hrend ich begann, die alten Bartstoppeln aus den Schermessern zu putzen.
“Putzen 
 Sklavenarbeit
Rasierer 
 Bart
Bart ? 
 ???"

Das PortrÀt eines Mannes mit Vollbart und strubbeligen Haaren zieht vor meinem inneren Auge vorbei.
Irgendwoher kenne ich den Typ.
Ach egal.



John Lennon
9. Oktober 1940 bis 8. Dezember 1980

đŸŽžđŸŽ” Morgen vor 50 Jahren haben sich die Beatles getrennt.

Am 9. Oktober 2020 wÀre John Lennon 80 Jahre alt geworden.
Vor 40 Jahren wurde er ermordet.
📖 🖋 Karl Marx wurde vor knapp 202 Jahren in Trier geboren
1848 veröffentlichte er mit Friedrich Engels das Kommunistische Manifest
Engels lebte eine Weile in Liverpool 
đŸ””â‰ïžđŸ€š



Geschrieben am 9. April 2020 auf dem Sofa in Luzern

07 April, 2020

Soliloquizing


Das sĂŒdchinesische Meer Richtung Westen
Auf der anderen Seite von Iriomote ist der Pacific, nur eine kurze Reise mit dem Autobus fĂŒr „380 = 3,50 CHF

WĂ€hrend ich heute auftauchte aus dem nĂ€chtlichen inneren Ocean, blieb der getrĂ€umte Traum noch eine Weile bei mir. 
Es war nicht grad ein Alptraum gewesen, jedoch schön war er auch nicht. 
Ich trĂ€umte mich selber in einem GesprĂ€ch, ich kann mich nicht erinnern mit wem, oder in welcher Situation. Das GesprĂ€ch entgleiste immer mehr, ich redete Zeugs daher, dass nicht im Geringsten wiedergab, was ich wirklich dachte, nichts mit meinen GefĂŒhlen zu tun hatte und fĂŒr das ich mich, ehrlich gesagt schon im Traum schĂ€mte.

WĂ€hrend ich also wacher und wacher wurde, mein Tagesverstand sich langsam aus dem Morgengrau freistrampelte, fragte ich mich, was dieser Traum, besonders mein Verhalten in ihm, bedeutete. 

Eigentlich aber weiss ich es 
 denn ein Traum liefert auch immer ein GefĂŒhl oder eine Ahnung von dem, um das es geht.


Nun habe ich seit 4 Tagen Ferien, sitze wegen dem Corona-Kack mehrheitlich allein daheim, sehe nur ab und zu mal die Frau an der COOP-Kasse oder meine Nachbarin zu einem kleinen Schwatz durchs KĂŒchenfenster.

RegelmĂ€ĂŸig ist der Beginn der Ferien eine Krisenzeit. Plötzlich ist die Arbeit weg und --- besonders in der jetzigen Weltlage --- nur noch "ICH" bin da. 
Keine Struktur, keine Anforderungen, kaum ein GegenĂŒber.

Ich lebe in den Tag hinein, krame Dies und Das in meiner Wohnung rum, mehr ziellos als planvoll. Wie geht's weiter? Mit mir allein mit mir?
So gab deieser Traum einfach wieder wie's mir geht: ich redete ohne Hand und Fuss, so wie ich ohne Hand und Fuss lebe. 

ABER

Nun wÀre ich aber eben nicht ich, wenn ich nicht , nach all den vielen Jahren, einen Plan hÀtte.

NatĂŒrlich kommt mir meine Erfahrung aus anderen Ferien zugute, obwohl ich dann nicht immer allein war, so wie jetzt. Was mich aber wirklich unterstĂŒtzt, sind die Erinnerungen und Lernprozesse aus meinen Alleinreisen, besonders die einsamen Wochen auf den SĂŒdjapanischen Inseln.

Damals, da war ich bereits seit fast 3 Wochen auf Okinawa und Ishigaki *) allein gewesen, hatte ein Haus auf der winzigen Insel Iriomote, keine 200 Km vor der KĂŒste Taiwans gemietet, fĂŒr 14 Tage und musste einen Weg mit mir selber finden. 

Ich konnte mit niemandem reden, teils weil einfach niemand da war, teils, dann wenn jemand da war, gab es keine gemeinsame Sprache, nur ein paar Handzeichen und viel Schulterzucken.

Iriomote bezaubernd schön ...



... und sehr einsam!


Es ist schwer, an den wunderbarsten StrÀnden dieses Planeten, allein herum zu hÀngen.
Das macht irgendwie einfach nicht glĂŒcklich, wenn niemand da ist, der “Guck mal” sagt oder “so`n Blödsinn” oder “wie schön”, niemand der findet, ich solle nicht so viel Sake trinken oder der mit mir hier-und/oder-dort unbedingt hin will - auch wenn mich das voll ödet.
Was ich also brauchte war Kommunikation - nicht mal besonders intelligent musste sie sein - einfach Kommunikation und fertig.

So begann ich also - ganz bewusst- mit mir selber laut zu reden.
Das machte mir am Anfang aber auch gehörig Angst und ich dachte, ich wĂŒrde wohl irre.
Aber dann bemerkte ich,  dass meine SelbstgesprĂ€che immer sinnvoller wurden.
Vom anfĂ€nglichen Belanglosigkeiten wie “man is das aber schön hier” oder “na, was kaufe ich denn mal ein?” kam ich langsam zu SĂ€tzen wie 
“O.K. meine Lieber, was brauchst Du heute um glĂŒcklich zu sein?”
“Ein Mofa hĂ€tte ich gern um die Insel zu erkunden, auf eigene Faust” kam völlig unvermittelt als Antwort. So kam ich tatsĂ€chlich zu einer kleinen, gemieteten 50ccm Yamaha und das Leben machte plötzlich wieder Spass.

Iriomote ist wunderschön, seht ihr den winzigen weissen senkrechten Strich, etwas oberhalb der Mitte im Übergang des linken zum mittleren Bilddrittel? Das ist ein fast 90m hoher Wasserfall ... und solche gibt es sehr viele dort.
n
... und immer wieder sehr japanisch
Indem ich wirklich mit mir selber sprach und es mich ehrlich interessierte, was mir gut tun wĂŒrde, kamen WĂŒnsche, Bewusstsein und Strukturen.
Es waren oft kleine WĂŒnsche oder Ideen - manchmal in Form von Handlungsanweisungen, wie - “google mal Japanische Architektur” oder “ich suche mir eine Muschel um sie um den Hals zu tragen”.

Mir schien das damals als eine Art von Menschwerdung 
 oder WiederMenschWerdung.

 eben: “Am Anfang war das Wort”

Ich begann, wirklich beeindruckt davon, mehr oder weniger zusammenhangslos auf zu schreiben, was mir gut tat. 

Ich nannte dieses TextstĂŒck:


Alone in space 

Lass Dich eine Weile zw. Schlaf und Wachheit pendeln
vergegenwÀrtige Dir Deine NachttrÀume
siehe wie der Tag erwacht
stehe auf wenn es Dich danach gelĂŒstet
leg dich wieder hin wenn es ein irrtum war
koche Dir kafi
trinke langsam
schau nach dem Wetter
schaue lange aus dem Fenster
"was willst Du heut tun"
frag dich nochmals “was willst du heut tun?”
tue was Du Dir vorgenommen hast!
tue es 
 langsam und bedĂ€chtig mit schwebender Aufmerksamkeit 
Sei Dein bester Freund!
und mache Pausen und Nickerchen
bedanke Dich bei Dir selber fĂŒr einen schönen Tag
Lerne daraus:
Du brauchst Zeit um runter zu kommen, gib Dir diese Zeit.
Du wirst Dich einsam fĂŒhlen, Du wirst verzweifelt sein, Du wirst schlecht schlafen.
ABER ... Du musst das tun, was Du Dir vorgenommen hast.


Hört sich nicht tiefschĂŒrfend an, nicht wahr!?
Das Wunder lag darin, dass es funktioniert.
Vielleicht funktioniert das nur bei mir ... kann durchaus sein!
Aber wer weiss!

Heute denke ich gern an diese Tage auf Iriomote zurĂŒck, mit Dankbarkeit und ein wenig Sehnsucht nach dem Ocean und der selbstbestimmten Zeit.



*) auf Ishigaki gab es Etwas ... das das Alleinsein massiv durchbrach ... aber das, das ist eine andere Geschichte.



Geschrieben auf meinem Sofa wĂ€hrend vor der BalkontĂŒre der Kirschbaum zu blĂŒhen beginnt
Dienstag 7. MĂ€rz 2020