20 Juni, 2020

Feeding

Mit Schreiben hab ich's grad nicht so.


Meine Tage verlaufen zur Zeit in einer weichen, weinroten Kurve, deren Amplituden, ohne allzu aussergewöhnliche Spitzen- oder Talwerte, verdächtig selbstgefällig um eine friedliche, türkisfarbene Mittellinie schwingen.

Ich fahre mit dem Auto
Ich arbeite
Ich fahre wieder zurück nach Hause
Ich koche
Ich esse
Ich schlafe
Ich träume
Ich erwache beim Morgengrauen
Ich trinke Kafi
Ich fahre mit dem Auto
Ich arbeite
Ich gehe einkaufen
Ich koche
- als habe die Zeit keine Bedeutung
- als hätten meine Tage kein Ende
- als gäbe es keine andere Welt als diese
... stehe ich wieder am Herd

Irgendwann hab ich mal gelernt,
dass das Gegenteil von "Liebe" nicht "Hass" ist, sondern "Angst".

So ist das, wenn ich koche, wenn ich schnipple, wasche, reibe, einfülle, kontrolliere, fluche, laut werde, umrühre, abschmecke, verliebt die reifen Tomaten anschaue, Pfeffer in der Kafimühle mahle, Radio höre, die Schere suche, ausprobiere, abmesse, über den Damen und nach Gefühl reinkippe, "verdammt! ... zuviel!" drauf los schimpfe, was an die Wand knalle oder in den Mülleimer, wenn ich aus dem Küchenfenster schaue und überlege was als nächstes kommt, um dann wild drauf los zu machen, den richtigen Moment erwischen - bevor es anbrennt oder matschig wird. 
Einen Plan B umsetze, den es vor 5 Sekunden noch nicht gab.
Wenn ich dann fertig bin - und es ist alles geworden wie ich wollte und doch ganz anders,
dann WEISS ich, Liebe und Hass ergeben Leidenschaft.




Mein zur Zeit liebstes Essen ist Linsen-Dal. 
Jedoch:
Völlig genervt, dass jede Woche das etwa gleiche Linsen-Dal entstand, verbrach ich, ohne jedes Nachdenken eine neue Zutat, die alles veränderte, fruchtiger machte, es mehr zu MEINEM Dal machte und die ja ... das ist genau so - aus einer Wut über mich selber entstand.
Kochwütig ... das gibts!

Hier das Rezept für die neue "Zutat":






2020
Geschrieben am 19. Juni, nicht mehr völlig nüchtern und recht spät in der Nacht, sitzend auf kalten dem Küchenfussboden, mit einem Geschirrtuch unterm Hintern.
Überarbeitet und geposted am 20. Juni am hellerlichten* Tag und bei einigermassen klarem Verstand

* eine Eindampfung des Begriffes: "heller, lichter Tag" nicht von mir, nicht von meiner Grossmutter, jedoch von ihr benutzt für ungehörige Sachverhalte, die öffentlich, im Sinne von schamlos, dargestellt wurden.  In meinem Wortschatz, daher seit Anbeginn meiner Sprachentwicklung.